Wohnungsneubau ebbt ab

Statt in den Wohnungsneubau wird mehr in Modernisierung und Sanierung investiert

Die Bauwirtschaft wird sich in Deutschland weiter positiv entwickeln. Aber: Der Wohnungsneubau hat seinen Höhepunkt offenbar überschritten. Zu diesem Ergebnis kommen Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.

Investitionen fließen vermehrt in Modernisierung und Sanierung statt in den Wohnungsneubau. „Der Neubauboom geht zu Ende“. Das schreiben die Ökonomen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Martin Gornig und Claus Michelsen in ihrer aktuellen Prognose des Bauvolumens.

Insgesamt erwartet das DIW im Wohnungsbauvolumen ein Plus um etwa 6,7 Prozent im laufenden Jahr. Im Jahr 2019 soll es nochmals um 6,3 Prozent steigen. Zum Vergleich: Im Jahr 2017 hatte dieses Volumen um gut 7,4 Prozent zugelegt. Die Experten sind sich sicher: In diesem Jahr werde das Neubauvolumen noch einmal kräftig wachsen – prognostiziert ist ein Zuwachs von bis zu 10 Prozent. Spätestens im nächsten Jahr aber werde sich das Wachstum in diesem Bereich verlangsamen. Dann ist der Boom im Wohnungsneubau fürs erste vorüber.

Wohnungsneubau: Vorzieheffekte erkennbar

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Boom im Wohungsneubau: wohl nicht mehr lange. Foto: Marco2811 – Fotolia

Neben der erwarteten allmählichen Zinssteigerung habe auch die Verschärfung der Energieeinsparverordnung zu Vorzieheffekten beim Wohnungsneubau geführt. Seit Mitte 2016 sei die Zahl der neu erteilten Baugenehmigungen jedoch seitwärts gerichtet. Nun verlangsamen steigende Bodenpreise und Baukosten die Entwicklung weiter. Dämpfende Faktoren wie niedrige Energie- und Rohstoffpreise sind weggefallen. Fehlende Arbeitskräfte erhöhen den Preisdruck ebenfalls.

Die nachlassende Dynamik im Wohnungsneubau dürfte Luft für Sanierung und Modernisierung bestehender Wohngebäude schaffen. Die DIW-Experten erwarten deshalb eine Verschiebung der Bauinvestitionen. Sie sehen auch einen Anstieg der Baumaßnahmen im Bestand von 6 Prozent in diesem Jahr und 7,5 Prozent im nächsten Jahr. „Gemessen am Transaktionsvolumen der vergangenen Jahre auf dem Wohnungsmarkt hat sich hier Sanierungsbedarf aufgestaut“, sagt DIW-Experte Martin Gornig.

Der schlechte energetische Zustand vieler Gebäude werde Impulse geben. Das DIW spricht auch Empfehlungen an die Politik aus. Angesichts der angespannten innerstädtischen Wohnungsmärkte müsse sie Anreize zur Innenentwicklung und Nachverdichtung setzen.

Wohnungsneubau auch durch Investitionszulagen

Außerdem müsse mit Investitionszulagen in Stadtentwicklungsgebieten der Bau zusätzlichen Wohnraums unterstützt werden. Im Bereich des Nichtwohnungsbaus fehlen nach Einschätzung des Instituts ebenfalls Impulse der öffentlichen Hand. Während in den vergangenen Jahren Geld aus dem Bundeshaushalt die öffentliche Nachfrage nach Bauleistungen gestärkt habe, reiche die in der derzeitigen Haushaltsplanung vorgesehene Ausweitung der Ausgaben nicht aus, um die Preissteigerungen zu kompensieren und die Bautätigkeit real auszuweiten. Der Bedarf an öffentlichen Baumaßnahmen sei aber hoch: Die öffentliche Infrastruktur fahre insgesamt weiter auf Verschleiß, vor allem in den Kommunen. Sie allein sind für mehr als 80 Prozent der Investitionen verantwortlich.

Nachfrage nach Hochbauleistungen

Zusätzliche Nachfrage verspricht nach Einschätzung des DIW der Neubau von Fabriken und Werkstätten. Hier sei eine zusätzliche Nachfrage nach Hochbauleistungen zu beobachten. Die Tiefbauunternehmen hoffen derweil auf das Jahr nach der Regierungsbildung. Ausbau und Instandsetzung der Verkehrsinfrastruktur lassen auf sich warten. Für 2018 rechnet das DIW nur mit einem Wachstum von nominal 2,2 Prozent. Schaffe es der schnelle Breitbandausbau tatsächlich auf die politische Agenda, sei im Jahr 2019 mit einem Wachstum des Tiefbauvolumens um fünf Prozent zu rechnen.

(Text: Genossenschaftliche Allgemeine Zeitung)

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